Regenzeit und Krokodile
„We love it, but at the same time we feel cooooold and get sick!“, sagt Adjoa, während wir zusammen in der Küche sitzen. Sie spricht vom kühlen Regenwetter, das die letzten zwei Tage herrschte. Draußen ist es für ghanaische Verhältnisse kalt, es hat viel geregnet. Die Regenzeit hat begonnen.
Adjoa erzählt uns Geschichten von Omas, die den ganzen Tag mit um den Körper geschlungenen Decken und Wollsocken an den Füßen zu Hause sitzen. Ich muss schmunzeln, denn wirklich kalt ist es dann doch nicht.
„This is European weather, so you are used to it. But we feel cold!“, meint Adjoa. „So we make a fire in the house and drink tea“. Bei ihren Worten muss ich an Wintertage in Deutschland denken, an Kachelöfen und Schnee vor dem Fenster. Doch so kalt ist es wirklich lange nicht. Nur selten, vor allem nachts, sollte man sich lange Kleidung anziehen.
Währenddessen hat vor dem Trainingscenter tatsächlich ein See gebildet, in dem die Frösche quaken. Angeblich sollen sogar Fische darin schwimmen. Und dann ist da noch der Alligator, den James, ein AIM.-Mitarbeiter anscheinend auf einem im Wasser liegenden Baumstamm im Trainingscenter-See gesehen haben soll. Fische, na gut – aber Alligatoren?
Da mich das Alligator-Thema etwas stutzig macht, frage ich also Freunde nach deren Meinung. Prince, unser Nachbar, meint sogar, dass in dem kleinen Bach neben unserem Haus Krokodile wohnen. ‚They like bushy places‘ – wie rund um unser Haus. Da die Hühner dort aber immer noch genauso laut gackern wie schon vor 9 Monaten und augenscheinlich genauso wenig wie die Ziegen unserer Nachbarin zu Krokodilfutter wurden, machen wir uns über Alligatoren im Garten erst mal keine Gedanken mehr.
Als ich das nächste Mal jedoch James treffe, sprechen wir nochmal über das Alligator-Thema, und als ich frage, wie groß denn so ein Alligator werden kann, deutet er mit den Zeigefingern eine Länge von etwa 20 Zentimetern an. Wir müssen lachen und Michi meint: „We thought you are talking about real crocodiles!“. Auch James fängt an zu lachen. Die Tiere, die er meint, heißen „alligator lizard“, auf Deutsch „südliche Alligatorschleiche“, und könnten höchstens die Küken unserer Nachbarshühner vertilgen.
Alligator hin oder her, trotz allem verwandeln sich manche Orte bei so viel Regen in regelrechte Krokodilsümpfe. An vielen Stellen sammelt sich das Wasser, unter anderem auch rund um unser Haus.
Das Regenwetter und die teils überfluteten Wege bieten für viele Menschen eine willkommene Gelegenheit, den Tag zu Hause im Bett zu verbringen. Denn das Argument mit dem Regen geht fast immer. Bei Regen bleibt man zu Hause und trinkt warmen Tee. So wurde auch ich schon vom Lehrer einer unserer Senior High Schools gefragt, ob ich denn überhaupt zum Workshop kommen könne, ein Teil des Weges sei überschwemmt. Denn ein Stück duchs Wasser waten will hier keiner. Während ich mich anfangs noch gewundert habe, was denn so schlimm daran sei, drei Meter durch eine Pfütze zu stapfen, kann ich nun das Ekelgefühl vieler Ghanaer verstehen. Das Wasser steht wochenlang an den gleichen Stellen und kann so zum Brutplatz für Krankheiten werden.
Trotz überfluteten Wegen und matschigem Wetter freuen sich die meisten Leute hier über das etwas kühlere Wetter. Ich persönlich kann das leider nicht nachvollziehen und vermisse schon nach kurzem die Sonne am Himmel. Denn bei dem etwas regnerischen Wetter habe ich es geschafft, mir eine kleine Erkältung zu holen – bei Durchschnittstemperaturen von 26°C – Temperaturen, bei denen in Deutschland der Sommer gefeiert wird!
der Trainingscenter-See mitsamt Fröschen, Fischen und Alligatoren