AIM. Jugendclub in Ghana: Ein Vorgeschmack auf die Gründungsveranstaltung
Heute ist Nikolaus und amüsanter Weise liefen heute früh Weihnachtslieder bei meinen Nachbarn im Radio. Nur die Schokolade und Nüsse in meinen Schuhen muss ich doch schmerzlich vermissen. Doch auch ohne sie habe ich süße Neuigkeiten von unserem Jugendclub in Ghana zu berichten.
Nach meinem letzten Artikel reiste ich für ein paar Tage in den Norden Ghanas. Ich äußerte vorher eindringlich den Wunsch, bei meiner Rückkehr eine Überraschung vorzufinden. Während ich nun durch Ghanas Städte zog, im Mole Nationalpark die Antilopen, Affen und Elefanten genoss und eine Fülle an Erfahrungen und Eindrücken aufsog, traf ich eine Familie aus Kalifornien. Der Sohn studiert ein Semester in Ghanas Hauptstadt Accra; Eltern und Schwester besuchten ihn, um gemeinsam Ghana zu erkunden. Kurz entschlossen lud ich sie nach Komenda und zu unserem Jugendclub ein. Ich kontaktierte unseren Youth Club Präsident mit der Bitte, alles bestmöglich vorzubereiten. Am Tag darauf traf ich in Komenda ein, warf meine Reisetasche in die Ecke und flitzte von einem zum anderen, um sicherzustellen, dass alles organisiert ist, damit sich unsere Gäste in Komenda wohl fühlen.
Da die Bitte aufkam, neben meiner Arbeit, auch etwas Persönliches von mir lesen zu können (obwohl ich behaupten würde, das eine geht hier in das andere über), an dieser Stelle ein Einwurf.
Die ghanaische Mentalität im Umgang mit Gästen lässt keine Fragen zu. Werden Gäste erwartet, wird alles getan, dass sie sich wohl fühlen können. Es wird sichergestellt, dass sie etwas zu trinken und zu essen bekommen. Sie sollen selber nichts bezahlen und keinerlei Umstände erfahren. Das geht soweit, dass nicht vorhandenes Geld ausgegeben wird, dass man jegliche andere Verpflichtungen ganz hinten anstellt und keine Grenzen der eigenen Bemühungen kennt.
Während meiner ersten Zeit in Ghana empfand ich dieses Verhalten als übertrieben und überflüssig. Nach und nach konnte ich es jedoch nachvollziehen. Von dem Schritt des Nachvollziehens lernte ich es zu verstehen und zu schätzen.
Jetzt erlebte ich diese ghanaische Mentalität jedoch am eigenen Leib. Nichts war mir so wichtig, als sicherzustellen, dass es unseren Gästen hier gut gehen wird.
Ich eilte zur Nachbarin Sarah und bat sie, für uns zu kochen. Ich lief zu Kojo, unserem Vereinsvorsitzenden, und strukturierte die Tagesplanung ab dem Eintreffen der Gäste. Weiter ging es zum Jugendclub um ein Programm zu erarbeiten und die einzelnen Punkte zu besprechen. Zwei Jugendliche sollten der Familie die Sehenswürdigkeiten Komendas zeigen, bevor sie zum Jugendclub kommen würden. Ich organisierte ein Taxi, welches meine Gäste noch am späten Abend zum Brenu Beach fahren sollte.
Alles ging Schlag auf Schlag und schon waren unsere kalifornischen Gäste in Komenda. Als sie zum Jugendclub kamen, erwartete uns ein gewaltiges Programm. Die Jugendlichen müssen diese Woche hart gearbeitet haben. Meiner Bitte, mich bei meiner Rückkehr zu überraschen, wurde mehr als nur erfüllt.
Voller Stolz betrachtete ich Ketten, lauschte Gedichten, verfolgte Theatervorführungen, sah Tänze, hörte Trommeln und empfang die Gesänge. Es war einfach großartig den traditionellen Performances einer tief verankerten Kultur zu folgen. Zum Abschluss brachte die kalifornische Familie ihren Beitrag und sang und tanzte für unseren Jugendclub den Beatlessong „Help!“ wodurch fast alle Anwesenden zum ersten Mal von einer berühmten Band namens Beatles hörten.
Alle waren hoch zufrieden, ich war voller Stolz und die Californier sagten mir, das war das Eindrücklichste, was sie auf ihrer Reise durch Ghana erlebt hatten. Anschließend genossen wir Sarahs einheimische Kost und ein anschließendes Bier mit Kojo im Grace Hotel in Komenda. Der Abend klang mit anregenden Diskussionen über Traditionen, verschiedene Kulturen und insbesondere Kojo´s Buch über Korruption in Ghana aus. Die Hoffnung auf eine große Einweihung des Jugendclubs im Januar war wieder geweckt.
Gerne würde ich diesen Artikel so stehen lassen. Doch nach diesem großartigen Ereignis wurden schnell wieder die Herausforderungen deutlich, mit welchen wir zu kämpfen haben. Unser Jugendclub Bankkonto beinhaltet noch gerade einmal 26 NGC (20 Euro). Wie sollen wir damit eine Einweihung planen?
Die Spendenlisten, mit denen die Jugendlichen Gelder sammeln sollten, kamen nicht wie ausgemacht zurück. Verloren hieß es, wodurch man sich schnell logisch erklären kann, dass das Geld anderweitig verwendet wurde. Die Förderanträge mit Anfragen auf Unterstützung sind verteilt. Täglich gehen wir zu Kirchen, Banken, Hotels und wohlhabenden Menschen oder Organisationen um rückzufragen. Doch die Antwort ist meist: „Kommt morgen wieder.“.
Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit haben sich wenig verbessert. Dienstag hatten wir einen guten und wichtigen HIV/AIDS Workshop, geleitet von Cecilia vom Social Welfare Office aus Elmina, der Chefin vom Sozialdezernat der regionalen Hauptstadt. So schön der Workshop auch war, er kam über eine Stunde zu spät zu Stande (die Alten sind noch schwerer auf Pünktlichkeit zu trimmen, als die Jungen), und mit nur der Hälfte unserer Jugendclubmitglieder.
Das Interesse und die Stimmung schwanken, die Planung hängt. Trotzdem haben wir gesehen, was möglich ist. Manchmal arbeitet man hart ohne Aussicht auf Verbesserung. Aber auch das kann belohnt werden. In Ghana denken die Menschen grundsätzlich erstmal positiv, sind wenig nachtragend und alles kann in Minuten von null auf hundert umschlagen, sich verändern.
Wir werden uns weiter den Herausforderungen stellen. Vielleicht sollte ich noch einmal auf Reisen gehen, um den Erfolg hinterher sichten zu können?!
Herzliche Grüße,
eure Alrun.
AIM. – Volontärin in Komenda, Ghana