AIM = „Alrun´s Integration Movement”?
Vierzehn Tage in Komenda, Ghana dem Westen Afrikas liegen hinter mir. Mein erstes Fufu ist gegessen, einige Brocken Fanti gelernt, das Verständnis für stehende Zeit bildet sich langsam aus und die Arbeit mit AIM ist in vollem Gange.
Samstag, 29.09.2007, 7:15 hebt ein Flieger nach Mailand ab. Mit and Bord: eine 22 jährige Studentin der Fachrichtung Sozialwesen, welche langsam zu realisieren beginnt, wohin ihre Reise gehen wird. Schon am Flughafen in Mailand bekomme ich den ersten Eindruck afrikanischer Kultur: Die Menschen tragen ihre Kinder in Tüchern auf dem Rücken! Zehn Stunden später, erster Atemzug afrikanischer Luft: warm, heiß, meine Haut wird sofort feucht und ein völlig anderer Geruch erwartet mich. Wie in Trance folge ich den Menschen. Draußen vor dem Flughafen warten unzählige Afrikaner hinter einem Gitter. Ich komm mir vor wie eine Marathonläuferin vor der Ziellinie. Alle rufen durcheinander, drängeln, schauen und quatschen mich an.
Solomon, unserer Projektmanager, holt mich ab. Alles klappt problemlos. Übernachtung in Accra bei unserem Bauleiter, dem Ingenieur Kwasi. Am nächsten Tag geht’s nach Komenda. Es beginnt ruhig doch mit tausend neuen Eindrücken. Ich treffe noch auf Andreas und Johanna (zwei deutsche AIM. – Mitglieder, die einen Monat lang das Projekt besucht haben), welchen ich eine dankenswerte Einführung in heimischer Sprache verdanke.
Dafür, dass ich die erste Woche vorhatte, nur mit schlafen, essen, spazieren, beobachten und kleinen Unterhaltungen verbringen wollte, ging es doch sehr schnell schon richtig los. Hier soll ich hin, dort werde ich hingebracht. Der Container unserer Partnerorganisation „Baobab Children Foundation“ (Danke, dass wir ein paar Sachen mitsenden konnten) ist angekommen, Dinge müssen durchgeschaut und im Büro verstaut werden. Meeting: dies muss besorgt, jenes geklärt werden. Cape Coast, Chaos! So viel Menschen, alles sieht erstmal gleich aus, wie find ich mich da nur zurecht? Glücklicherweise hatte ich einheimische Begleitung dabei, Besorgungen erledigt und zurück gings nach Komenda.
Ehe ich mich versah ist es Samstag. Erstes Youth Club Treffen. Jetzt kann auch meine Arbeit losgehen! Doch, große Enttäuschung: Niemand kommt. Irgendwann trudelt Solomon ein, ist genauso überrascht. Liegt ein Missverständnis vor? Wo sind unsere Jugendlichen? Das Erste, was ich brauche, um meine Pläne abzusprechen, zu konkretisieren und umzusetzen, sind Jugendliche!
Es stellte sich heraus, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hätte, die Jugendlichen warten bei unserem Büro (Ja, ihr lest richtig: AIM. Hat in Ghana seit Anfang September ein eigenes Büro). Trotzdem versuche ich die Jugendlichen neu zu motivieren und ging von Schule zu Schule, um für Samstag ein offizielles Treffen anzukündigen, an dem bitte alle pünktlich erscheinen sollen.
Anschließend Visite bei unserem Büro. Der Computer funktioniert nicht, durch Decke und Wände tropft das Wasser herein. Ein Haufen von Bürodokumenten liegt vor mir, den es zu ordnen gilt. Hanson kommt nach Komenda, unser Computerfachmann. Nach einigem Tüffteln funktioniert der PC wieder – mit Ausnahme spontaner Ausfälle der Tastatur.
Am Mittwoch Treffen der „Functional Executive“, allen Projektaktiven in Komenda. Eine Fülle an Diskussionen, Missverständnissen, unbeantworteten Fragen. Ein Durcheinander. Völlig verschiedene Kulturen mit unterschiedlichen Vorstellungen von Notwendigkeiten prallen aufeinander. Deutscher Perfektionismus und überstrukturiertes Denken wird von ghanaischen Lebensvorstellungen überschwemmt. Das Verwaltungsbudget ist überschritten. Was sind wirklich wichtige Kosten, was kann man sich sparen? Wie geht man mit den angefallenen Kosten um, wieso sind sie so hoch? Was bedeutet eine Exceltabelle und warum ist deren Korrektheit so wichtig?
In den nächsten Tagen liegt einiges an Klärungsbedarf vor. Eine gemeinsame Linie muss gefunden werden. Annahme verschiedener Bedürfnisse, Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen und Kritikfähigkeit ist gefragt. Um in Ghana mit Einheimischen arbeiten zu können, reicht es nicht, wie sie aus Plastikbeuteln zu trinken, durch Autofenster einzukaufen und in Trotro (kleine Busse) eine Stunde auf die Abfahrt zu warten. Man muss sich ganz auf das Geschehen einlassen, eigene Erwartungen zurückschrauben, Vorschläge machen, aber diese nicht für das einzig Richtige halten.
Ich bin am Anfang meiner Reise, einem Lernprozess, bei welchem ich hoffe, für AIM. fortschrittlich wirken zu können. Jetzt geht’s nach Cape Coast, in der Hoffnung auf ein schnell startendes Trotro. Aber ansonsten hab ich Zeit, gemütlich aus den Fenstern heraus mich mit Wasser, Früchten oder Snacks einzudecken.
Alrun S.
AIM. Volontärin in Komenda, Ghana